Wo Worte fehlen eignet sich kreatives Tun sehr gut zum Ausdrücken von Gefühlen und Gedanken. Kreativ trauern also! Wenn Ängste und Sorgen, Sehnsucht und Ohnmacht, Erinnerung und Traurigkeit kreativ Raum bekommen, schenkt uns das Erleichterung und wir sind ganz im Hier und Jetzt. Das beruhigt, erleichtert und kräftigt Körper und Seele. Hier ein paar kreative Tipps von Trainerin Astrid für dich, die leicht umzusetzen sind.
Kreativität als Kraftquelle
In meiner Trauer wurden meine Talente zu meinen Kraftquellen. Schon als Kind habe ich Wände bemalt und die Spielpuppen meiner Schwester gemalt. Mit sieben Jahren war das Tagebuch mein ständiger Begleiter. Das Malen, Schreiben, dieser kreative Ausdruck hat mir schon immer geholfen, wenn es mal schwierig war für mich. Außerdem gab es einige einschneidende Ereignisse in meinem Leben, bei denen mich meine Kreativität unterstütze. Die ersten Monate nach dem Tod meines Mannes konnte ich nicht mehr schlafen. Dann bin ich auf den Friedhof, um Georg nahe zu sein. Das mag vielen verrückt erscheinen, aber für mich war es tröstlich in dieser Stille an seinem Grab mit ihm zu sprechen. Das Sprechen mit deinem Verstorbenen ist kreative Kommunikation und kann dir Halt geben. Ich finde es so wichtig, dass Trauernde das machen, was sie gerade brauchen. Eine Klientin hat mir erzählt, dass sie bei Regen barfuß im Gras getanzt hat. Warum nicht?! Tue das, was dir guttut, auch wenn es für andere befremdlich sein mag.
Kreatives Erinnern
In meiner Trauer konnte und wollte ich manchmal keine Worte finden für das, was ich gerade fühlte. Zu groß war der Schmerz, unbeschreiblich die unterschiedlichen Gefühle in mir. In dieser Zeit war stundenlanges Weinen und Wüten oft die einzige Möglichkeit, meine Trauer auszudrücken. Danach schlief ich wieder erschöpft ein. In den schlaflosen Nächten begann ich irgendwann damit, Fotos zu durchstöbern. Ich konnte gar nicht genug davon bekommen. Urlaubsfotos, gemeinsame Familienfeste, verrückte Selfies … ich wollte meinen geliebten verstorbenen Georg erinnern. Das war auf der einen Seite sehr schmerzvoll, aber auch tröstlich. So hat es angefangen – das kreative Verarbeiten meiner Trauer – mit dem Gestalten des Fotoalbums.
Erinnerungsbuch
Separat dazu habe ich mir ein Erinnerungsbuch angelegt, wo ich mir gemeinsam erlebte Augenblicke, die ich in besonderer Erinnerung hatte, notiert habe. Ich hatte Angst, dass ich vieles vergessen könnte, dass Erinnerungen verblassen könnten mit der Zeit. Das wollte ich auf jeden Fall verhindern. Es war gut zu wissen, dass es ein Buch gibt, wo ich immer dann, wenn mir gemeinsam Erlebtes einfiel, dies aufschreiben konnte. So ein Erinnerungsbuch eignet sich ganz wunderbar, um an besonderen Tagen, wie z. B. Geburtstag, Weihnachten usw. darin zu blättern, vielleicht auch gemeinsam mit anderen aus der Familie oder dem Freundeskreis.
Schreibgespräch
Ich habe mir sehr bald nach dem Tod meines Mannes Georg noch ein weiteres kleines Büchlein zugelegt, wo ich ihm erzählen konnte, was ich erlebe und was mich beschäftigt. Immer und überall hatte ich dieses kleine Notizbuch dabei.
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Unsere Vorfahren waren kreativ
Die heutige westliche Gesellschaft tut sich schwer mit Tod und Trauer. Wir trauern leise. Der Tod macht uns Angst. Es ist kein Platz für trauernde Menschen. Denn Trauernde funktionieren nicht! Dabei ist bewusste Trauer-Zeit so wertvoll und wichtig für das weitere Leben. Denn unsere gelebte Trauer kostet zwar Kraft, sie führt uns aber auch wieder in unsere Kraft, in die Freude und dankbare Erinnerung.
Das wussten auch unsere Vorfahren. Sie waren kreativ im Umgang mit ihrer Trauer: Rituale und Grabbeigaben, Trauerkleidung, das Aufbahren Zuhause usw. – all diese Dinge wurden eingesetzt und sind im Grunde kreative Formen des bewussten Abschiednehmens.
Anders als bei uns schreien Menschen in anderen Ländern heute noch ihren Schmerz hinaus oder sie tanzen und singen. Anderorts gehören besondere Reinigungsrituale zum Abschiednehmen dazu. Ich bin der Meinung es gilt unsere Trauerfähigkeit stärker zu entwickeln. Eine Möglichkeit das zu tun sind kreative Methoden.
Kreativ trauern – wie geht das?
Kreativ sein bedeutet nichts anderes als vertrauensvoll seinen eigenen inneren Impulsen zu folgen und diese auszudrücken bzw. umzusetzen. Das führt uns in unsere Kraft. Um dieses Schöpferische in uns zu (re)aktivieren und wieder Kraft zu tanken, können kreative Medien (z. B. Farbe, Ton, Körper usw.) sehr gut eingesetzt werden.
Ich erlebe häufig, dass Trauernde automatisch ihren eigenen Impulsen folgen z.Bsp.: einen Brief an Verstorbene schreiben, den sie auf das Grab legen, den Lieblingsort von Verstorbenen aufsuchen etc.
Kreativ Trauer bewältigen heißt für mich Dinge ausprobieren, neugierig sein und uns von unserer Trauer an die Hand nehmen zu lassen und zu sehen wohin sie uns führt.
Sei dir gewiss: Auch du bist kreativ!
Die Schöpferkraft ist ureigenes Sein des Menschen. Seit jeher haben Menschen Dinge erschaffen. Jeder von uns trägt diese menschliche Schöpferkraft im Herzen. Das Herz ist die Balance zwischen Kopf und Bauch, zwischen oben und unten, zwischen Gedanken und Gefühlen. Und mit unseren Armen und Händen, den Verlängerungsarmen unseres Herzens, können wir wortlos Gefühle und Gedanken zu Papier bringen. Das erleichtert und schenkt innere Ruhe.
Trauer hat viele Farben!
Unsere Trauer möchte gesehen werden, sie braucht Raum und Ausdruck. Farben können z.Bsp. helfen unsere Gefühle auszudrücken. Welche Farbe hat deine Traurigkeit, deine Wut? Wie sieht deine Sehnsucht aus? Das intuitive Malen holt uns zudem ins Hier und Jetzt, lässt uns ganz bei uns sein und bringt uns mit uns selbst und unseren Gefühlen in Kontakt.
Beim Ausdruck der Trauer über Farben wird unsere Trauer sichtbar, greifbar, und damit begreifbar. Dieses kreative Tun bietet eine gute Möglichkeit zu erkennen, was alles da ist, an Schwere, an Sehnsucht, an Dankbarkeit, an freudiger Erinnerung. Der Blick von außen auf unsere Trauer lässt uns erkennen, dass Trauer viel mehr ist, als nur Traurigkeit. Dadurch können wir neue Kraft schöpfen und Schritt für Schritt weitergehen, weitersuchen und Antworten finden, bis wir wieder lebensfroh weitergehen können.
Versuche es! Nimm dir ein großes Blatt Papier, Wasserfarben oder Ölkreiden, und male, kritzle, pinsle!
Kreative Inspiration für dich
Wähle das für dich passende „Kreativ sein“. Vielleicht machst du schon einiges davon?
- Lieblingspflanzen und –blumen auf das Grab setzen
- Gegenstände auf das Grab legen (z. B. Mitbringsel aus dem Urlaub oder von einer Wanderung, etwas selbst Gestaltetes, einen Brief usw.)
- Rituale – z. B. Geburtstag des Verstorbenen feiern
- Kerze selbst gestalten
- Schreibgespräch
- Erinnerungsecke gestalten Zuhause
- „Notfallkoffer“ (sammeln und notieren, alles, was hilft, wenn die Trauer kommt und hineinlegen z. B. Kuscheltier, Stein, Foto, Telefonnummer von Menschen usw.)
- Schatztruhe (Gegenstände deines geliebten Menschen hineinlegen zur Aufbewahrung im Wissen, es bleibt da. Wenn du z. B. das Zimmer deines verstorbenen Menschen oder den Schreibtisch usw. ausräumst, kannst du ganz bewusst und behutsam jene Gegenstände in ein Behältnis legen, die du aufbewahren möchtest. Es kann hilfreich sein bei jedem Gegenstand eine Erinnerung aufkommen zu lassen. Die kannst du notierten oder gut im Gedächtnis verankern.)
Eine kreative Übung für dich
Deine Kraftblume gestalten
Schritt 1:
Was tut dir gut? Erstelle eine Liste mit fünf bis sieben Dingen, die du gerne machst, die dir gut tun, z.Bsp. lesen, Musik hören, ein Gespräch mit Freund*in, Bewegung in der Natur. Falls es dir schwerfällt, etwas zu finden, dann überlege, was du als Kind gerne gemacht hast. Sicher fällt dir etwas ein. Diese Beschäftigungen sind deine persönlichen Kraftquellen.
Schritt 2:
Zeichne eine Blume, z. B. Sonnenblume und zeichne sieben oder auch mehr Blütenblätter. Gerne kannst du auch ein Foto deiner Lieblingsblume ausdrucken, wenn du nicht zeichnen magst.
Schritt 3:
Schreibe in die Blumenmitte das Wort „Kraftblume“.
Schritt 4:
Schreibe in jedes Blütenblatt eine Lieblingsbeschäftigung, die du auf deiner Liste notiert hast. Verwende für jede deiner Kraftquellen ein Blütenblatt.
Schritt 5:
Gerne kannst du deine Kraftblume beliebig ausmalen. Deiner Kreativität sind keine Grenzen gesetzt.
Schritt 6:
Deine Kraftblume kannst du Zuhause aufhängen. Sie schenkt dir Kraft, immer dann, wenn du dich alleine fühlst. In schwierigen Momenten wähle eine jener Kraftquellen aus, die dich gerade anspricht und werde aktiv.
Viel Freude mit deiner Blume!
Meine kreativen Angebote für dich
Heute ist es meine Herzensangelegenheit, Trauernde und Menschen in schwierigen Zeiten zu unterstützen. Ich arbeite, unter anderem, mit kreativen Methoden und körperorientiert. Auch die Biografiearbeit fließt immer wieder in meinen Beratungen ein. Als psychosoziale Lebensbegleiterin und SeelenSport®-Trainerin begleite ich jetzt Menschen auf ihrem Weg. Denn meine Erfahrung hat mich gelehrt, dass es manchmal einfach guttut, ein Stück des Weges in guter Begleitung zu sein.
Biografiearbeit – Eine Möglichkeit zu wachsen
Bei meiner Trauer war auch alte Trauer dabei, die ich nicht gelebt bzw. aufgearbeitet hatte. Hier half mir der Blick auf meine Biografie. Ich konnte endlich meine aktuelle Trauer von der alten unterscheiden. Das hat mir geholfen meine alte und meine neue Trauer voneinander zu trennen, auszusortieren und all meine Verluste bewusst zu betrauern. Gefühle frei! Das war mein Motto. Das Lebenspanorama z. Bsp. hat mir bildlich gezeigt, was ich erlebt habe, was mich wie geprägt hat und ich konnte Vergangenes abschließen, neu deuten und integrieren. Ich konnte meinen alten Schmerz ausdrücken, meiner Hilflosigkeit aktiv entgegentreten und meiner aktuellen Trauer ihren wohlverdienten Platz einräumen. Auch Versöhnung war möglich. Jetzt hat alles Gelebte seinen guten Platz in mir.
Heute ist es mir wichtig, kreative Methoden und biografisches Arbeiten weiterzugeben, damit auch andere die Möglichkeit haben, lebensfroh zu leben.
info@lebensfroh.it – Ich freue mich, wenn du mir schreibst. Frage gerne, wenn du Fragen hast und ich freue mich natürlich auch über dein Feedback.
Im Herbst 2022 startet mein Lehrgang „Kreative Biografiearbeit als Instrument in der sozialen Arbeit“ im Bildungshaus Lichtenburg in Nals/Südtirol. Infos und Anmeldung HIER
Astrid Fleischmann Wwe. Gerstl
Counsellor Professional
Trainerin für Biografiearbeit
SeelenSport@-Trainerin