Die erste halbe Stunde laufe ich für meinen Körper, die zweite halbe Stunde für die Seele.
(George Sheehan)
Und die restliche Zeit für meine Schwester Larissa…
Ich bin keine Läuferin. Und ich werde wahrscheinlich auch nie eine sein. Ich liebe Sport und Bewegung, hauptsächlich im Bereich Kraftausdauer und Krafttraining. Ab und zu laufe ich auch, denn manchmal tut es mir einfach nur gut. Mehr als 5 km sind es aber eher selten. Oh nein, ich bin gewiss keine typische Läuferin. Und trotzdem habe ich mich dazu entschieden, am 20.06.2017 ganze 25 km zu laufen. Warum? Weil manchmal besondere Tage und besondere Zwecke ein „über seine Grenzen hinauslaufen“ erfordern.
Über seine Grenzen „laufen“
Mein Arzt und auch mein Physiotherapeut sagten mir vor circa 1,5 Jahren, dass mein Körper nicht fähig sei, weite Strecken laufend zurück zu legen. Nach einem Kreuzbandriss hatte ich zwei Knie-Operationen. Die daraus resultierenden Spätfolgen schränken mich bei langen Läufen ein wenig ein bzw. erschweren sie das Laufen an sich. Ein Grund also, warum ich nie lange Strecken gelaufen bin. Damit konnte ich leben. Doch dann kam dieser eine Tag: Der Charity Run Vienna im September 2016. Die Spenden des Laufes gehen an das Kinderhospiz Sterntalerhof. Genau mein Thema also. Mit dem Gedanken, dass ich circa 10 km laufen würde, ging ich zu diesem Lauf. Gezählt wurde in Runden, wobei eine davon 1,5 km ausmachte. Zahlreiche Freunde machten ebenso mit und so starteten wir gemeinsam diesen Benefiz-Lauf. Für jede geschaffte Runde gab es ein kleines Stickerl, wofür Sponsoren am Ende einen gewissen Betrag spendeten. Einige Kilometer später beendeten nacheinander einige meiner Freunde den Lauf. Bei Kilometer 10 überlegte ich selbst kurz, stehen zu bleiben. Ich erinnerte mich daran wofür ich hier laufe und lief einfach weiter. „15 km gehen schon“, auch wenn ich zuvor noch nie so weit gelaufen bin. Nach den 15 wollte ich die 20 schaffen. Ich spürte nicht mehr viel von meinen Beinen und dachte nur an meine Schwester Larissa und das Hospiz. „Lauf weiter“, sagte ich mir immer wieder. Bei Kilometer 20 angelangt, dachte ich nur noch „scheiss drauf, jetzt schaffst den Halbmarathon auch noch“. Und ich schaffte ihn.
Am Ende waren es knapp über 24 Kilometer und 16 Stickerl, die ich gesammelt hatte. Danach zitterten meine Beine und ich konnte kaum noch gehen. Dennoch, ich habe etwas geschafft, das mir unmöglich schien. Noch nie in meinem Leben war ich so enorm stolz auf mich selbst.
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Am Ende stieß ein Gefühlschaos in mir hoch und mir liefen die Tränen herunter. Ein Moment, den ich von ganzem Herzen am liebsten mit meiner Schwester geteilt hätte. Mein Knie trug davon keinen Schaden, auch wenn ich die darauffolgenden Tage vor Erschöpfung kaum gehen konnte. Doch dieses Gefühl etwas für mich Unmögliches erreicht zu haben, war jeder einzelne Meter wert. Ich spürte, dass ich alles erreichen kann, wenn ich es wirklich wollen würde, egal was Ärzte oder sonst wer sagen. Wenn du selbst an dich glaubst, kannst du Berge versetzen. Und mir wurde an diesem Tag bewusst, dass ich eines Tages meinen eigenen Lauf starten möchte und ein Zeichen setzen will!
Und plötzlich ist der Tag gekommen
Wann dieser Lauf stattfinden und wie viele Kilometer es werden sollten, dafür hatte ich noch keinen Plan. Vor knapp drei Wochen kam mir in einem überaus tollen Gespräch die Idee dazu. Der 20. Juni sollte es sein.
Denn an diesem Tag würde meine Schwester Larissa 25 Jahre alt werden. Daher auch die 25 km. Geplant war ohnehin an ihrem Geburtstag etwas Besonderes zu machen und das im Zeichen der Trauer und gegen Gewalt an Frauen.
25 km sind mehr als an jenem Tag des Charity Runs. Für mich eine wirklich große Herausforderung, auch wenn die Marathonläufer hier verschmitzt lächeln werden. Manche denken jetzt vielleicht, „das Mäderl hat sie nicht alle“. Ja vielleicht ist es wirklich eine verrückte Idee, aber manchmal helfen genau diese durchgeknallten Ideen, um über sich selbst hinauszuwachsen, stärker zu werden und in meinem Fall, diesen Geburtstag zu etwas Besonderem, Unvergesslichen zu machen. Bereits die letzten Wochen wurden vom bevorstehenden Lauf dominiert: Vorbereitungen, T-shirts drucken, Freunde zum Mitlaufen fragen, Routenplanung und ein Hauch von lebendiger Aufregung. Das alles ist besser, als die Erinnerungen, die ich an den Juni 2014 habe. Sie sitzen nämlich immer noch in meinem Hinterkopf und beschäftigen mich jeden Juni erneut. Die Zeit der Gerichtsverhandlung. Durch diese besondere Herausforderung schenkte ich mir selbst neue positive Erinnerungen an den Monat Juni. Darum geht es ein Stück weit bei bewegter Trauer, nämlich, sich neue Ziele zu setzen, die einen voran treiben und motivieren weiter zu machen.
Auch wenn ich selbst keine großartige Läuferin bin, stellt Laufen für mich ein „nach vorne schauen“ und sich „nach vorne bewegen“ in der Trauerbewältigung dar. Besonders wichtig ist mir bei diesem Lauf, ein Zeichen zu setzen. Ich laufe für eine „bewegte Trauer“, „Trauer in Bewegung“ und „gegen Gewalt an Frauen“.
Ich möchte auf die Problematik Trauer in der Gesellschaft aufmerksam machen, die Körperlichkeit in der Trauer ansprechen und Frauen in gewaltsamen Umgebungen dazu auffordern sich helfen zu lassen. Und dafür bist auch DU nun gefragt!
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Danke für eure Unterstützung!
Alleine kann man stark sein, gemeinsam ist man stärker! Ich war berührt und überwältigt davon, wie viele sich zum Mitlaufen gemeldet haben. Es war ein Lauf voller Lebendigkeit, Emotionen, magischen Momenten, voller Kraft und Ausdauer, Freude und Hingebung. Einfach unbeschreiblich schön und daher ein ganz herzliches Dankeschön an meine lieben Mitläufer! Wir starteten um 08.00 an der Tiflisbrücke, joggten den Inn entlang bis nach Völs, bevor wir dann wieder auf der anderen Innseite bis zu der, wie ich sie nenne, „Larissa-Stelle“ liefen, wo auch das Ende war.
Ein weiteres DANKE an alle die dem Aufruf in den Social Media Kanälen nachgingen und mich dadurch unterstützten! So viele tolle Worte, so viele schöne Videos, so viele sportliche Kniebeugen!
Versehen waren die Beiträge mit den Hashtags
#bewegtetrauer
#trauerinbewegung
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Warum Kniebeugen fragst du dich jetzt? Die Kniebeuge hat für mich eine ganz besondere Bedeutung in der Trauerverarbeitung. Den Artikel dazu findest du hier!
Hauptsächlich soll sie zeigen, dass Trauer ein ständiges Auf und Ab darstellt und niemals statisch ist. Zusätzlich soll durch die Kniebeuge auf den körperlichen Aspekt in der Trauerbewältigung aufmerksam gemacht werden.
Gegen Gewalt an Frauen
Mir persönlich ist dieser ein ganz besonders wichtiger Punkt. Meine Schwester starb durch ein Gewaltverbrechen. Sehr viele Frauen erleben immer wieder häusliche Gewalt oder Gewalttaten durch Männer. Ich möchte auch hiermit ein Stück weit aufmerksam machen und alle Frauen, die betroffen sind, auffordern sich helfen zu lassen. Auch wenn die Situation wirklich aussichtslos scheint und die Angst dich hindert, vielleicht hilft dir dann dieser eine Post! Mir ist bekannt, dass es einen Tag im Jahr gibt, der dafür steht (25. November) und dennoch erhoffe ich mir, auf diese Weise auch Frauen erreichen und helfen zu können. Mit deiner Hilfe und deinem Post, machst du aufmerksam und kannst vielleicht ebenfalls helfen!
Wenn du betroffen sein solltest, hier ein paar Links, die dir weiterhelfen können:
www.gewaltschutzzentrum-tirol.at