Frühmorgens geht der Wecker, du öffnest deine Augen, machst ihn aus und ein erster Gedanke schießt dir in den Kopf: Ich kann nicht mehr. Ich will nicht mehr! Schon wieder ein weiterer verdammter Tag. Traurigkeit steigt auf und du willst eigentlich liegen bleiben, dich umdrehen und losweinen. Doch du musst, schreit eine Stimme der Vernunft, ausgebildet in einer Gesellschaft, die nur das Müssen kennt. Das Funktionieren Müssen. Alles wiedersetzt sich in dir, dein Körper schmerzt und sträubt sich, schreit Nein. Doch du zwingst ihn, wieder und wieder…
So in etwa hat sich mein tägliches Leben 2016 in Wien angefühlt. Nachdem ich es geschafft hatte, meinen Körper auf zu zwingen, ihn nach draußen zu schleppen in Richtung Arbeit, wartete ich an der U-bahn Station und hatte jeden Tag wieder den einen Gedanken: Soll ich vor die U-bahn springen? Ich wusste, dass ich endlich etwas ändern musste!
Das Wort funktionieren kommt aus dem Lateinischen fungere (verrichten) und es gibt viele Synonyme dafür: arbeiten, klappen, laufen, fruchten, gelingen, glücken. Im Leben gibt es aber Phasen, Zeiten, in denen innerlich nichts funktioniert, wie nach einem Verlust oder jetzt in der Coronakrise. Und genau dann funktioniert auch im außen nichts mehr. Denn beides hängt zwangsläufig zusammen.
Arbeiten, wo Gefühle nicht erlaubt sind
Ich arbeitete zu jenem Zeitpunkt in einer Versicherung. Ich hasste den Job, er entsprach absolut nicht meinen Talenten, weshalb ich richtig schlecht darin war. Deshalb wurde ich auch täglich streng zurechtgewiesen. Verständlich, auch wenn es respektvoller hätte sein können.
Ich studierte Geschichtswissenschaften, doch ich brauchte dringend Geld und dort wurde ein Job frei. Also musste ich zuschlagen. Und dann war da noch die Trauer, meine Gefühle und der Bewegungsdrang, sie ausdrücken zu dürfen. Doch all das passte nicht in meinen Arbeitsalltag hinein, es entsprach nicht dem Funktionieren Müssen, das ein striktes Abarbeiten der Aufgaben vorsah, sonst nichts.
Vielleicht geht es dir hier ähnlich? Ein Job und deine Trauer, die sich nicht vereinbaren lassen? Du fühlst dich nicht mehr, wie der Mensch vor dem Verlust, hinterfragst, ob all das denn noch Sinn macht oder du nicht etwas anderes machen solltest?
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Es ist nie zu spät etwas zu verändern…
In mir brannte nämlich eine Idee, und ich hatte ein Gespür, was ich wirklich gut konnte, was mich glücklich machte und ich wusste, es würde auch anderen Menschen helfen. Denn jeden Tag, als ich das Bürogebäude verließ, gab es eine Sache, die mich am Leben hielt und mich meinem Traum näher brachte: Der SeelenSport®
Bevor ich aus dem Gebäude ging, zog ich mir in der Toilette meine Sportkleidung an, warf die Maske des Funktionieren Müssens zur Seite und verwandelte mich zurück in meine Person, in die Katrin, als Mensch, so wie ich einfach nur sein durfte. Ich schnappte meine Trainingsmatte, suchte einen freien Park mit Trainingsmöglichkeiten und ließ all meinen Gefühlen freien Lauf. Laut weinte ich, lachte alles raus, schrie und brüllte, wütete und trainierte. Ich spürte mich, von Kopf bis Fuß. Plötzlich war ich wieder Ich selbst, ohne Funktionieren zu müssen.
Eines Nachmittags saß ich mit meinem Freund auf seiner Dachterrasse, während die Sonne unterging. Ich weinte und schluchzte und erklärte: Ich kann so nicht mehr weiter machen. Ich habe eine Idee, etwas in mir schreit danach, dies zu tun und ich werde es tun!
Kurze Zeit später hatte ich gekündigt und fühlte mich so frei, wie noch niemals zuvor (okay, vielleicht bei jedem meiner Trainings, aber sonst nie)! Und ich hatte diese Idee, mit Bewegung Gefühle auszudrücken, den Körper zu stärken, anderen Mut zu schenken, dafür nicht Funktionieren zu Müssen, sondern sein zu dürfen und das zu tun, was mich wirklich erfüllt.
Nicht nur funktionieren, sondern leben!
Bist du vielleicht ebenfalls überfordert mit deiner Arbeitssituation? Mit deiner Tätigkeit, weil sie dir keinen Sinn mehr schenkt und du eigentlich etwas ganz anderes machen möchtest?
Gerade die Trauer zeigt uns deutlich, was wirklich im Leben zählt, und kann dadurch eine Chance bieten, sich den Dingen zu widmen, die dir wirklich liegen, die du als Mensch gut kannst, die dich glücklich machen, dir Sinn geben und nicht nur diesem Funktionieren Müssen zu unterliegen. Und wenn es „nur“ eine Auszeit oder Reha ist, die dir hilft dich wieder zu spüren und herauszufinden wer du noch bist, ohne den Verlust.
Viele meiner SeelenSportlerinnen sind bereits ähnliche Veränderungen gegangen. Da war die junge Studentin, die ihren Papa durch einen Unfall verloren hat, und sich vom Architekturstudium löste, um Medizin zu studieren. Oder Sabine, die nie wirklich sportlich war oder sich vorstellen konnte, im Trauerbereich zu arbeiten, deren Papa an Krebs starb und heute erfolgreiche SeelenSport® Trainerin ist.
Folge deinem Herzen! Auch wenn der Weg anstrengend war, den ich gegangen bin, mit vielen Höhen und Tiefen verbunden, aber er war es wert und ich bin seitdem jeden Tag mit einem Lächeln und Motivation aufgewacht. Denn ich muss nicht Funktionieren, ich darf sein, mit all meinen Talenten und Bedürfnissen! Und du darfst das auch! Tue es, trau dich! Noch heute, nicht erst morgen! Wir haben doch nur dieses eine Leben und du weißt das doch am besten…
An welchem Punkt stehst du derzeit? Erschöpft dich das Funktionieren Müssen? Schreibe es in die Kommentare!
2 Antworten
Genauso ist ist, ich komme mir vor als nur noch ein funktionieren – und das seit über 5 Jahren.
Manchmal komme ich mir vor als wenn ich garnichts fühle oder sonst nur noch Schmerz.
Ich weiss nicht mehr wie es sich anfühlt Freude zu haben.
Im Jahr 2015 verlor ich innerhalb eines Monats meinen Mann, meinen besten Freund und meine Mama.
Gleichzeitig wurde mir schlagartig bewußt, das ich keine wirklichen Freunde habe.
Sie waren da, solange es mir gut ging – danach verabschiedeten sie sich innerhalb kurzer Zeit.
Das tut mir schrecklich leid liebe Maria. Drei Verluste in so kurzer Zeit sind hart und kaum auszuhalten. Ich hoffe sehr du hast die Möglichkeit den Panzer des Funktionieren Müssens ein wenig loszulassen und kannst dich gut um deine Trauer kümmern. Viele Gruppenangebote können weiterhelfen und auch zu neuen Freundschaften manchmal. Das sehe ich auch immer in den SeelenSport Erholungswochen! Alles Liebe, Katy