Menstruation und Trauer – Zwei tiefe Verbündete

Ich schaue in meinen Kalender und sehe: Nur noch drei Tage bis zur nächsten Menstruation. Das sagt zumindest meine App. Mein Körper hält sich nicht immer an diese App. Genau kann ich es also nicht sagen. Nicht mehr, seitdem die Trauer da ist. Denn die hat sich mit meiner Menstruation verbündet. Und wenn ich meine Tage habe, dann kommt auch sie auf einen Kaffee vorbei. Wie heftig und intensiv, das entscheidet sie spontan, und auch die Menstruation ist unberechenbar geworden und niemals gleich gelaunt. Die beiden verstehen sich also ganz gut und machen mir diese Tage dann oft zur Qual, ab und zu begegnen sie mir dennoch sanfter. Aber wie gesagt, sie beide sind trotzdem unberechenbar.

Früher habe ich wie beinahe alle Mädchen die Pille genommen und mir dabei nichts gedacht. Nimmt ja eh jeder. Anfang 2013 hatte ich einen Kreuzbandriss und musste anschließend operiert werden. 10 Tage nach der Operation hatte ich unerträgliche Schmerzen in meiner Wade, dass ich kaum noch reden konnte. Beim Arzt wurde dann festgestellt, dass ich eine Beinvenenthrombose entwickelt habe. Ich hatte ungemein Glück, 5 vor 12 hieß es. Zurückzuführen war dies auf die Pille in Verbindung mit der Ruhigstellung des Beines.Und ja ich hatte jeden Tag vorsorglich gespritzt. Die Pille musste ich sofort absetzen und für die Zukunft bekam ich die Anweisung auf hormonelle Verhütungsmittel zu verzichten. Meine Menstruation veränderte sich dadurch nicht gravierend. Ein bisschen unregelmäßiger kam sie, aber sonst nichts Auffälliges. Monate später war ich endlich frei von der Thrombose und musste keinen Strumpf und keine Spritzen mehr nehmen. Das sollte gefeiert werden. Am nächsten Tag war meine Schwester verschwunden, knapp 2 Wochen später erfuhren wir von ihrem Tod.

Hormone reagierten

Wochen später bekam ich wieder meine Menstruation. Mit einer Heftigkeit und Intensität, die ich so noch nie erlebt hatte. Die Krämpfe waren derart schlimm, dass ich nicht mehr fähig war aufzustehen. Ich musste erbrechen, mir war dauerhaft übel und mein komplettes Verdauungssystem war in Mitleidenschaft gezogen. Kopfschmerzen, Rückenschmerzen und eine schreckliche Müdigkeit.Was passierte hier bloß mit meinem Körper? Ich war schockiert, hatte Angst und wollte einfach nur, dass das wieder normal wird. Aber es hörte nicht auf. Jeder Monat war die reinste Qual. Zusätzlich bekam ich ganz unerwartet direkt an meinem ersten Weihnachten ohne Larissa eine starke Zwischenblutung. Ab Januar änderte sich alles. Ich hatte keine Menstruation mehr. Für ganze 8 Monate. Einerseits war ich glücklich darüber, dass ich diese schrecklichen Schmerzen nicht mehr aushalten musste, andererseits bereitete mir meine körperliche Reaktion Angst. Was, wenn sich das nie mehr einpendelte?

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Natürlich ging ich zu einem Gynäkologen. Meine Hormone waren vollkommen durcheinander. Ich hätte die Möglichkeit gehabt mit Hilfe von Tabletten nachzuhelfen. Doch ich lehnte ab. Mir war wichtig, meinen Körper auf natürliche Weise wieder in ein Gleichgewicht zurückzubringen. Es ist etwas Schreckliches passiert und da ist es einfach natürlich, dass der Körper zu kämpfen hat und zeigt, dass er nun ganz besonders viel Aufmerksamkeit und Liebe braucht. Diese habe ich ihm dann auch ausreichend gegeben und nach und nach hat sich meine Periode wieder eingependelt.

Trauer und Menstruation

Ich hatte also wieder einen halbwegs regelmäßigen Rhythmus entwickelt. Hin und wieder wurde er durch Einflüsse, wie stressige Ausnahmesituationen beeinflusst. Körperlich gesehen, wurden die Schmerzen etwas erträglicher. Dafür habe ich aber besondere Methoden herausgefunden, die mir in dieser Situation weiterhelfen. Weiter unten erfährst du dazu mehr.

Was aber bis heute anhält und manchmal wirklich anstrengend sein kann, weil es vor allem meinen Alltag stark beeinflusst, ist diese innige Freundschaft zwischen Trauer und Menstruation. Wenige Tage bevor es losgeht, beginne ich mich seltsam zu fühlen. Unruhig, gestresst, schneller belastet und vor allem zornig. Das hatte ich früher schon in milderer Form. Jetzt aber kommen vergangene Gefühle aus dieser Trauer hervor gekrochen und begleiten mich an diesen Tagen intensiv. Die meisten davon kann ich gut kompensieren und mit ihnen umgehen. Mit den unbewussten habe ich mehr zu kämpfen. Dazu zählen auch die schrecklichen Alpträume von damals, die ganz plötzlich einmal im Monat wieder auftreten. Die Angstzustände, die sich dann auf einmal wieder anfühlen, als wäre gerade ein Monat nach dem Mord. Die Dinge, die plötzlich und so tief triggern, dass sie dich aus der Bahn werfen passieren wieder öfter. Und das Weinen: Der plötzlich auftretende Schmerz, der dir deine Tränen unkontrolliert wieder hervor holt.

Ja die Hormone können manchmal echte Arschlöcher sein.

Nach so vielen Jahren und Menstruationen habe ich für mich einen Weg gefunden, um mit all diesen Gefühlen, den Gelüsten und den körperlichen Reaktionen umzugehen und mich darauf vorzubereiten.

Und weil ich aus Gesprächen weiß, dass es vielen Frauen ähnlich ging nach ihrem Verlust, habe ich nun eine Liste zusammen gestellt, die vielleicht auch dir helfen kann. Außerdem zeige ich dir eine Übungs-Routine, die du für dich machen kannst, wenn der Schmerz oder die Trauer besonders stark vorhanden sind.


Was helfen kann

Planung

Wenn du deinen Zyklus gut kennst und genauso die Trauer heftiger an diesen Tagen bei dir auftritt, dann plane gut. Ich achte dabei wirklich immer drauf, dass ich an diesen 2-3 Tagen keine wichtigen Treffen, Vorträge, Veranstaltungen halten oder besuchen muss. Einfach, weil ich mich nur durchquälen würde und sich dadurch auch die körperliche Reaktion intensiviert. Wenn möglich, nehme ich mir sogar einen Tag bewusst Zeit, da wo ich weiß, es wird am heftigsten sein. Ich trinke dann nicht nur Tee mit der Trauer und der Menstruation, nein ich verbringe den ganzen Tag mit ihnen. Ich höre ihnen genau zu, was sie brauchen und sagen, was sie möchten und wie sie mir begegnen. Wenn ich sie nämlich ignoriere, können sie sich sehr verletzt fühlen und zeigen ihre ganze Unberechenbarkeit. Schenke ich ihnen die Aufmerksamkeit und beschäftige ich mich mit ihnen bewusst, dann sind sie manchmal sogar ganz lieb zu mir. Versuch dich da selbst zu spüren und dir deine Zeit zu nehmen!

Ernährung

Wenn sie beide gleichzeitig vorbei schauen, dann erwartet mich immer eine intensive Mischung aus Gelüsten und emotionalem Essen. Ich ernähre mich in der Regel gesund und ausgewogen. An diesem Tag aber verlangt mein Körper nach den ärgsten, zuckerhaltigsten, fettigsten Nahrungsmitteln. Ja ich gebe an diesem Tag manchmal nach. Weil es nichts bringt sich da durch zu quälen. Nur noch schlimmer wird die Lust drauf und all die heftigen Gefühle. Aber ich achte auf die Menge und manchmal zusätzlich darauf, zur gesünderen Variante zu greifen. Gerade eben ist es wieder soweit gewesen und ich hatte schreckliches Verlangen nach Kuchen. Da ich mir aber nicht diese künstlichen Zuckerbomben rein stopfen mag, hatte ich mir getrocknete Datteln besorgt. Sie enthalten natürliche Süße und sind echt lecker. Dazu achte ich darauf, dass ich sonst im Laufe des Tages auch ausreichend Gemüse und Obst zu mir nehme, sodass ich mich also nicht ausschließlich von dieser einen „Süßigkeit“ ernähre.

Des weiteren versuche ich bewusst auf Kaffee zu verzichten. Ich bin eine Kaffeeliebhaberin, habe aber feststellen müssen, dass mir Koffein an den Tagen der Menstruation gar nicht gut tut. Deshalb gibt es dann auch keinen Schwarztee.

Stress

Ich rate jedem unbedingt Stress an diesen Tagen zu vermeiden. Jeglicher Stress wälzt sich auf dein Gemüt und deinen Körper ab. Das ist jedem ohnehin bekannt. Ich empfehle wirklich einfach bewusst einen Gang zurück zu schalten. Weniger Termine und Ziele an diesen Tagen zu setzen, die Aufgaben einfach langsamer erledigen und sich immer mal wieder Minuten zum Durchatmen und entspannen nehmen. Seien wir uns doch mal ehrlich, was soll schon passieren, wenn einmal die Wäsche einen Tag länger liegen bleibt, wenn wir gewisse Dinge nicht sofort kaufen … Einfach nur mal diesen Tag verlangsamen und ein bisschen in Zeitlupe leben.

Bewegung

Man könnte glauben, dass Bewegung gerade an solchen Tagen nicht förderlich ist. Das stimmt nicht ganz. Intensiver Sport und anstrengende Workouts, vor allem auch kraftaufbauende Trainings sollten eher vermieden werden. Einerseits, weil dein Körper ohnehin mit Schmerzen belastet ist und andererseits, weil sich durch die Menstruation deine Kraft um einiges verringert. Ich merke es am besten an Übungen, wie Klimmzüge oder Liegestütze, die mir zur Zeit der Menstruation besonders schwer fallen und anstrengender sind als sonst. Daher erreiche ich auch niemals meine Leistung, wie an den anderen Tagen. Seitdem baue ich an diesen 2-3 Tagen gezielt Bewegung ein, die entspannt und meine Beweglichkeit fördert. Im unten stehenden Video zeige ich dir, wie eine solche Bewegungseinheit aussehen kann. Du kannst direkt mitmachen!

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Hat sich auch dein Zyklus verändert und deine körperliche Reaktion darauf? Kommentiere und erzähle uns deine Erfahrung!

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6 Antworten

  1. Ja, mein Zyklus begleitet die Trauer eng. Richtung Eisprung geht es mir richtig gut. Regelrechte Hochphasen, wo ich lache mich gut fühle, dankbar und liebevoll bin. Zum Ende hin wird es stetig schlimmer, bis es dann regelrecht eskaliert. Extremer Zorn und Wut, die dann durch den Kinderwunsch noch gesteigert wird. Es ist wirklich schlimm! Als wäre es gestern gewesen. Tiefe Abgründe!

    1. Vielen lieben Dank für deine Worte und deine Offenheit. Ja diese Abgründe können so tief sein. Ich hoffe du hast dann immer genug Zeit und Raum für all diese sehr intensiven Gefühle Alles Liebe, Katy

  2. Liebe Katrin, ich habe im letzten Sommer, ungefähr vor einem Jahr meine ein Jahr jüngere Schwester verloren. Mein Zyklus war eigentlich normal bis Januar. Ende Januar hatte ich dann eine FA Termin bei dem ein nicht so guter Abstrich festgestellt wurde. Seitdem habe ich recht unregelmäßige Zyklen und vor allem Zwischenblutungen. Ende August habe ich wieder einen Termin beim FA, mal sehen was bei rumkommt. Ich mache mir schon Sorgen, aber vermute auch, dass es einfach mit der Trauer zusammenhängt. 🙁 Habe es leider versäumt meine Ärztin beim Abstrich im Januar darüber zu informieren, ich denke, dann hätte sie mich vielleicht ein wenig beruhigen können. Die Angst, dass bei mir aus dem Abstrich mehr entwickelt hat ist doch recht groß. Zudem würde ich gern ein Baby bekommen was natürlich derzeit so überhaupt nicht funktioniert. Liebe Grüße und danke für die helfenden Worte.

    1. Liebe Maria, der Verlust deiner Schwester tut mir sehr Leid. Ich hatte letztes Jahr im Oktober einen so schlechten Abstrich, dass ich gleich darauf operiert werden musste und mir ein Teil meines Muttermundes abgetragen wurde. Ich kann deine Sorgen und Ängste also sehr gut nachvollziehen, die hatte ich auch sehr. Ich habe auch noch immer sehr unregelmäßig meine Periode. Aber ich kann noch immer schwanger werden und es kann alles gut ausgehen. Im Grunde wissen wir nie was passieren kann und wie es ausgeht, jeden Tag aufs Neue. Sprich mit deiner Frauenärztin, auch über deine Ängste und den Tod deiner Schwester. Sie kann dich hier bestmöglich aufklären und beruhigen. Ich wünsche dir alles Gute dafür. das wichtigste ist nun gut auf sich und den eigenen Körper zu achten, ihm Gutes zu tun und sich Zeit zu geben für all die Gefühle, die so kommen. Alles Liebe, Katy

  3. Sehr spannend zu lesen. Bei mir hat haben sich die Jahrenzeiten gefühlt vertauscht… die Trauer ist im Frühling am stärksten. Im Herbst bin ich gefasster und ich komme damit besser klar. Winter mal so mal so.

    1. Hallo Nati,
      vielen Dank für deinen Kommentar. Es kommt auch immer ein wenig darauf an, in welcher Zeit der Verlust passiert ist. Meistens sind diese Monate sehr schwer bzw. fühlt man die Trauer in diesen Tagen nochmal intensiver, weil auch der Körper sich „erinnert“. Es ist wirklich unglaublich wie fühlig und verbunden unser Körper mit unseren Gefühlen ist.
      Danke, dass du deine Erfahrung hier mit uns teilst. Wir senden dir ganz liebe Grüße, Stefanie vom SeelenSport Team

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