Silvester kommt. Ein neues Jahr bricht an. Viele Menschen freuen sich darauf und schauen aufgeregt ins kommende Jahr. Viele haben auch tolle Neujahrsvorsätze, die nur darauf warten umgesetzt zu werden. Als Trauernder hingegen gibt es besonders anfangs nur einen Gedanken. Ein weiteres Jahr ohne dich. Und wenn wir Trauernde dann auf diese motivierten Menschen stoßen, dann folgen Neujahrswünsche. Gut gemeint und manche auch wirklich aus vollstem Herzen. Und hilfreich. Doch andere wiederum versetzen dir einen Stich. Wie kannst du aber einem Trauernden liebevoll Neujahrswünsche ausdrücken? Und warum ist Silvester für viele Trauernde dermaßen schmerzvoll?
Mein erstes Silvester ohne dich
Wie bereits auch zu Weihnachten hatte ich kaum Vorbereitungszeit bis dahin. Meine Schwester starb im September. Demnach befand ich mich zum ersten Jahreswechsel zwischen Schockzustand und Realisieren, zwischen Hoffnung und Aufgeben. Das erste Silvester habe ich mit meiner Familie in meinem Heimatort verbracht. Der Abend selbst verlief nicht so schlimm, wie erwartet. Er war erträglich. Die Wende selbst jedoch, als die Feuerwerkskörper in den Himmel geschossen wurden, gaben mir einen Stich. 2014 war angebrochen. Nur eine Zahl und doch so viel an Schmerz darin enthalten.
Ein Jahr, das niemals in Verbindung mit meiner Schwester gebracht werden kann. Ein Jahr, aus dem niemals schöne Momente mit ihr herausgehen werden. Ein ganzes Jahr, das ohne sie gelebt werden muss. Ein neues Jahr, das mich noch weiter weg bringt von unseren gemeinsamen Erlebnissen. Und ein Jahr, in welchem die Verhandlung des Mörders stattfinden sollte.
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Und auch dieses Jahr schmerzt der Gedanke, dass wieder ein Jahr mehr gezählt wird, an dem es keine Erinnerung mit ihr geben wird. Je mehr die Jahre vergehen, desto ferner sind die Tage, an denen sie lebte. Je mehr Jahre vergehen, desto bewusster wird, dass ich sie wirklich niemals wieder auf dieser Erde sehen werde. Keine Ahnung warum, aber an Silvester herrscht diese Art von Gedanken immer vor. Die Jahreszahlen machen ihren Tod so real. Jedes Jahr aufs Neue. Ich freue mich auf das neue Jahr, und dennoch ist dieser Teil in mir, der schmerzt.
Und dann waren da noch diese Neujahrswünsche…
Wenn ich in dieser Zeit auf Freunde und Bekannte gestoßen war, hörte ich stets dieselben Sätze. Sie sollten Hoffnung geben und trösten. Leider haben sie das nicht getan, auch wenn ich dankbar bin, dass manche Leute überhaupt mit mir sprachen. Viele gingen ja auch einfach nur aus dem Weg.
„Wirst sehen, jetzt wird alles besser“
Achja? Für mich hat es keinen Unterschied gemacht, ob der 31.12. 2013 oder der 01.01. 2014 war. Es fühlte sich sogar schlimmer an, aufgrund der oben genannten Situation. Meine Schwester war an beiden Tagen gleich tot. Die neue Jahreszahl hinten dran hat eben ihren extra Schmerz mit rein gegeben. Deshalb rate ich, diesen Satz nicht einem Trauernden zu sagen, der gerade sein erstes Silvester vor oder hinter sich hat.
Besser: Ich wünsche dir weiterhin viel Kraft für das neue Jahr. Und, dass der Schmerz an manchen Tagen nachlässt und du ihn an den anderen annehmen kannst. Ich wünsche dir von ganzem Herzen ein gutes neues Jahr.
„Jetzt kann es nur noch bergauf gehen“ ODER „Jetzt geht es bergauf“
Sätze wie diese sind gut gemeint, aber schlecht formuliert. Sie drücken aus, dass du zu wissen scheinst, dass es nur noch nach oben geht, obwohl du doch meine Gefühlslage nicht kennst, obwohl du doch nicht in die Zukunft schauen kannst. Es kann bergauf gehen ja. Aber es kann auch bergab gehen. Das ist das Leben. Es kann auch schlimmer werden und muss nicht zwingend nach oben gehen. Du weißt es nicht. Ich weiß es nicht. Darum sag es auch nicht. Nachdem meine Mutter an Krebs erkrankte, hörte ich diesen Satz erstmals. Daraufhin folgte meine Herzkrankheit. Und wieder der Satz. Schließlich dann der Mord. Und mit diesem auch endlich ein besserer Satz:
Ich wünsche mir von ganzem Herzen, dass dieses Jahr mehr an positiven Erlebnissen als Schmerzvolles für dich bereit hält. Ich wünsche dir, dass du daraus deine Kraft nehmen kannst.
„Jetzt wird alles anders“
Ein wahrer Satz, der so auch ausgesprochen werden kann. Ja es wird alles anders im neuen Jahr. Ergänzend kannst du noch sagen: Ich helfe dir, durch dieses „Anders“ zu gehen.
Ich wollte damals absolut nicht, dass etwas anders wurde. Ich wollte keine Veränderung. Ich wollte mein altes Leben zurück haben. Sehnsuchtsvoll blickte ich auf das letzte Jahr und kämpfte gegen dieses „Anders“ dermaßen an. Doch ich hatte keine Chance. Ich musste lernen das „Anders“ anzunehmen und zu akzeptieren.
Versuche dem Trauernden deine Wünsche an ihn auszudrücken, statt fixierte Sätze zu wählen. Sag aufrichtig, dass du auch weiterhin helfen wirst und sei geduldig. Wünsche dem Trauernden weiterhin genug an Kraft, Raum und Zeit für seinen Schmerz.
Und für alle Trauernden:
Bleib dir und deinen Gefühlen treu. Tue das, was dir an diesem Silvester gut tut und lass dich nicht von Feierlichkeiten unter Druck setzen. Ich für mich, werde ein ruhiges Silvester daheim verbringen. Mehr wünsche ich mir gar nicht.
Deine Trauer. Deine Regeln. Dein Schmerz.
Ich wünsche dir einen guten Rutsch ins neue Jahr, trotz Schmerz ein paar lächelnde und schöne Momente, ganz viel Kraft weiterhin und auch im neuen Jahr viel Raum und Zeit für dich und deine Trauer!
Fotos: Sebastian Kreipl
5 Antworten
Hallo es fällt mir immer schwer darüber zu reden fresse meine trauer seit viele Jahre in mich herein weil ich nicht weiß wie ich sonst mit mit dieser Trauer umgehen soll aber vor 5 Jahren mein Vater verloren und vor drei Jahren mein Opa ich hatte niemanden zum reden in dieser schweren Zeit habe in dieser Zeit sehr viel in mein Kummer Alkohol getrunken und jedes Weihnachten oder Silvester zerreißt es mein Herz weil ich wieder denke warum iss dass passiert ich rede nicht gern darüber weil es immer wieder weh tut was kann ich machen Fr Biber
Hallo Katy,
es ist schön deine berührenden Texte zu lesen , du hast dort sehr viel Wahres und viele ähnliche Erlebnissse geschriebben.
Ersmals habe ich auch das Foto von deiner Schwester gesehen und kann mir daher auch gut vorstellen wie schmerzvoll dieser Verlust sein muß.
Ich war heute noch am Grab bei meiner vstb. Irene und habe eine Kerzre angezündet – ich war- wie immer – den Tränen sehr nahe – und ringe auch nach dem 6.Jahr mit den vielen Erinnerungen und der Einsamkeit.
Im neuen Jahr am Sa. 6. Jän.2018 ist von „Herzklopfen-Tirol“ wieder ein Single-Abend mit Musik u.evtl.Tanz.
Ich kenne eine Dame von Fulpmes, die auch vom Freund verlassen wurde – Sie freut sich – wenn sich Sie mitnehme und auch
eine weitere Freundin von Ihr ist dabei. Hoffe Ich finde Abwechslung und nette Gespräche.
Auch Dir und deinem Freund alles erdenklich Gute und viel Glück im neuen Jahr.
Martin aus Mieders/Stubaital
Lieber Martin,
danke für deine lieben Worte! Das darf auch sein, besonders wenn wir am Grab stehen. Auch nach 6 Jahren natürlich. Ich drück dich! Es freut mich wirklich sehr zu lesen, dass du so tolle Aussichten geplant hast. Ich wünsche dir dabei ganz viel Freude und schöne Begegnungen mit guten Gesprächen! Alles Liebe und auch dir ein wundervolles Silvester und ganz viel Glück und Gesundheit!
Alles Liebe, Katy
Liebe Katy, liebe Alle!
Am Ende diesen Jahres, morgen sind es 230 Tage, kann ich berichten, dass es immer noch ein Auf und Ab ist und ich Wege finde, das zu händeln. Dass das ein Teil von mir ist, habe ich gut akzeptieren können und ich kämpfe auch darum, dass mein Umfeld das akzeptieren lernt. Obwohl Sport bzw Bewegung immer noch nicht zu meinem Thema geworden sind, möchte ich unbedingt sagen, dass deine Worte und dein Blog wahre Wunder bewirken. Es ist schön zu wissen, dass jemand Trauer professionell anspricht. Es ist ja kaum zu glauben, wie wenig Platz dafür in unserer Gesellschaft ist. DANKE DAFÜR!! Ich erzähle oft und eifrigst davon.
Weihnachten war für mich nicht so unerträglich wie befürchtet, auch habe ich wieder intensiveren Kontakt mit der Familie von Stefan gehabt, was mir bzw uns sehr gut getan hat. Nach Monaten aufs Grab zu gehen und dort seinen Namen mit den Jahreszahlen dort zu sehen, ist für mich jedoch kaum auszuhalten. Die größte Errungenschaft war für mich einen schönen Bilderrahmen als Christkind zu kaufen, ein Foto auszuwählen und einen passenden Ort in meiner Wohnung zu finden, wo ich das aufstellen kann. Das ging für mich lange nicht. Jetzt ist es da, in meiner Nähe, wenn ich hinschauen will, kann ich das, ansonsten „beobachtet“ es mich nicht oder schaut auch nicht auf mich herab. Jetzt ist es „gut“. Soweit halt.
Ich bin schon einen kleinen Weg gegangen und schaue auf das Jahr 2018. Es wird keine Erinnerung mit Stefan in diesem Jahr geben, aber es wird andere Dinge und Erlebnisse geben. Wer sich umhört und achtsam durch die Welt geht, sieht auch, dass es „nicht nur bergauf gehen kann“. Für das wie es ist und dass noch viel werden kann, dafür, dass ich obwohl ich meine besten Freunde und meine geliebte Arbeit zurücklassen musste, Unterstützung erhalten habe und für Vieles mehr – bin ich DANKBAR und versuche weiter auf dem rechten Weg zu bleiben – so gut ich halt kann. Ich habe durch den Verlust viel über mich gelernt und viel über die Menschen und den Charakter der Personen rund um mich. Vielleicht weiß ich sogar heute mehr wo ich stehe, als davor 😉
Ich drücke euch, rutschts gut und stressts euch nicht (fremdbestimmt).
Michi
Danke liebe Michi für diesen wundervollen Kommentar. Es freut mich zu lesen, dass du dabei bist deinen eigenen Weg zu finden und ihn auch zu gehen. Ich wünsche dir dabei weiterhin noch ganz viel an Kraft. Schön, dass Weihnachten doch noch positive Momente beinhalten konnte. Auch wenn das mit dem Grab noch nicht hinhaut, ist das doch vollkommen ok und darf auch sein. Vertrau auf deinen Weg und deine Trauer, sie sagen dir schon, wann es erträglicher sein wird. Ich wünsche auch dir ein kraftvolles schönes neues Jahr mit zahlreichen erinnerungswürdigen Momenten! Drück dich, alles Liebe, Katy