Eine Partnerschaft ist ein Geben und Nehmen, eine gegenseitige Unterstützung und heißt zusammen durchs Leben zu gehen, und doch auch jeder für sich, nebeneinander. Was aber, wenn einer der Partner trauert, weil er/sie einen geliebten Menschen verloren hat oder einen schweren Verlust erlebte? Wie kannst du als Partner damit umgehen? Was kannst du als Betroffene(r) tun? Ganz klar ist, dass es beide Seiten braucht, um einen solchen Verlust durchzustehen. Denn ein Trauerfall kann bedeuten: eine Herausforderung für die Partnerschaft. Hier meine persönliche Erfahrung und anschließende Tipps, worauf es zu achten gilt. Und ein kleines Partnertraining, das zusammenschweißt!
Als meine Schwester Larissa 2013 ermordet wurde, hatte ich gerade einen Mann gedated. Wir haben uns erst frisch kennengelernt und sind dann inmitten dieser extremen Krise eine Beziehung eingegangen. Doch es hat nicht funktioniert. Ich war zu aufgewühlt, ich kannte mich selbst nicht mehr und habe dann schnell wieder Schluss gemacht. Wie ich mich dabei gefühlt habe und meinen Weg dann weiter gegangen bin, kannst du in meinem neuen Buch lesen: Larissas Vermächtnis.
Seit Ende 2015 habe ich einen neuen Partner, Benni, und wir sind seitdem glücklich zusammen. Er hat mich kennengelernt, als meine Trauer schon weiter fortgeschritten war, nicht mehr so heftig und intensiv, aber trotzdem natürlich noch ein Teil von mir. Weil auch er ein Teil meines Buches ist und viele Fragen nach ihm kamen, habe ich meine Community auf Facebook und Instagram gefragt, was sie gerne wissen möchten, wenn es um Partnerschaft in der Trauer geht. Viele Fragen sind gekommen und ich versuche hier auf sie einzugehen, denn es betrifft sehr viele Paare, die vor einer solchen Herausforderung stehen. Am Ende findest du dann noch gebündelt meine Hilfestellung.
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Wie habt ihr euch kennengelernt und wie war es für dich sich wieder auf einen Partner einzulassen?
Ende 2015 haben wir uns beim Trainieren kennengelernt, wie kann es auch anders sein 😉 Wir kamen uns also näher und als ich merkte, das kann mehr werden, habe ich ihm schnell vom Tod meiner Schwester erzählt. (siehe nächste Frage) Für mich war es eine besondere Herausforderung mich einem Mann wieder zu nähern und Vertrauen aufzubauen. Ich hatte enorme Angst vor Männern und war überaus vorsichtig. Wenn wir zb. gemeinsam kochten und er ein Messer in der Hand hatte, nahm ich Abstand und suchte nach Fluchtmöglichkeiten. Wenn wir zusammen übernachtet hatten, dann schlief ich immer außen, am Bettrand und die Türe musste offen bleiben. Es dauerte bis ich mich voll drauf einlassen konnte, aber er machte es mir auch nicht schwer mit seiner einfühlsamen, rücksichtsvollen Art.
Wann hast du ihm von deiner Schwester erzählt und wie reagierte er?
Gleich, als ich merkte, dass es ernster wurde. Wir kannten uns knapp 1,5 Monate. Meine Trauer war ein wichtiger Teil von mir. Manchmal weinte ich los, aus heiterem Himmel, oft zog ich mich zurück und brauchte meine Ruhe. Außerdem war da diese Angst vor Männern. Damit er mein Verhalten verstehen würde, musste ich ehrlich mit ihm sein. Als ich ihm die Geschichte in kurzer Form erzählte, sah er natürlich verdutzt drein, aber er wurde plötzlich ganz liebevoll und sah mich direkt an: „Danke für deine Offenheit und dass du mir das gesagt hast. Irgendwie fühle ich mich dir jetzt noch mehr verbunden und nun verstehe ich dich auch mehr.“
Ich dann: „Was meinst du damit?“
„Na wie du beim Training immer lachst und derart lebendig wirkst, wie intensiv du lebst, sowas habe ich noch bei keinem gesehen. Das macht jetzt schon mehr Sinn.“
Wir umarmten uns und ich war erleichtert darüber gesprochen zu haben.
Und nein, er selbst hatte noch nie einen geliebten, nahestehenden Menschen verloren. Seine Feinfühligkeit liegt wohl in seiner Natur.
Wie ist er weiter damit umgegangen und was hast du getan, das es ihm ermöglichte, bei dir zu bleiben?
Er war von Beginn an sehr rücksichtsvoll und vorsichtig in seinem Verhalten, hat mich viel gefragt, ob es so okay ist oder was ich brauche, wenn es mir mal schlechter ging. Musste ich weinen, war er einfach da, hat mich in den Arm genommen, mir was zum Essen gemacht oder einen Tee zubereitet. Er hat nie über meine Trauer geurteilt oder mich mit Ratschlägen beworfen. Er war ein Naturtalent und ich staunte selbst. Aber auch mein Umgang damit machte es ihm deutlich leichter. Denn ich war offen und ehrlich, habe immer erklärt, warum ich gerade traurig bin, was in mir vorgeht und was mir nun gut tut. Es ist also wichtig eine entsprechende Dynamik zu haben. Als Trauernde können wir nicht verlangen, dass unser Gegenüber nun automatisch weiß was zu tun ist. Sie brauchen manchmal eine kleine führende Hand, denn sie haben vielleicht noch nicht selbst einen Verlust erlebt. So unterstützen wir uns gegenseitig.
Frage an Benni: Gelang es dir in schwierigen Situationen ruhig zu bleiben oder tauchten auch bei dir Angst, Zweifel und Panik auf, die Situation nicht in den Griff zu bekommen oder Katy nicht gut genug unterstützen zu können?
Benni: Ja es gab Situationen, die mir kurzzeitig Angst gemacht hatten und ich mich überfordert gefühlt hatte. An unserem ersten gemeinsamen Silvester, als Katy am Ende des Abends einen heftigen Heulkrampf bekam, wusste ich nicht, was ich genau machen soll oder ob das normal sei. Sie hat immer wieder gesagt, dass sie einfach traurig sei und Larissa heute besonders vermisse. Ich bin einfach daneben gesessen und habe ihren Rücken gestreichelt und gehofft, dass es wieder aufhören wird. Und das tat es auch.
Wir haben dann ausführlich darüber gesprochen und Katy erklärte mir alles genau rund um ihre Trauer, sodass ich beim nächsten Mal viel entspannter war. Aber auch Panikattacken an manchen Abenden haben mir Angst gemacht. Doch auch hier hat mich Katy gut darauf vorbereitet und mir erklärt, was ihr dann am besten helfen würde und wie ich mich verhalten sollte. Trotzdem fühlt es sich auch für mich nie angenehm an sie so zu sehen und daneben sich hilflos zu fühlen.
Katy, hast du manchmal das Gefühl eines Ungleichgewichts? Ein (natürlich unbegründetes, aber dennoch vorhandenes) schlechtes Gewissen Benni gegenüber? Und wie reagiert er dann darauf?
Am Anfang hatte ich das sehr oft ja. Ich fühlte mich wie eine Last, besonders wenn ich öfter hintereinander traurig war. Zu Beginn unserer Beziehung war ich nämlich dazu noch in einem Job, der mich an meine Grenzen brachte, den ich verabscheute. Da fühlte ich mich Benni gegenüber sehr schlecht und hatte das auch immer mal wieder angesprochen. Er reagierte wie immer enorm verständnisvoll und sprach mir immer gut ins Gewissen, dass ich mich da nicht zu sorgen brauche und er gerne da ist und mir hilft. Er hält das schon aus, sagte er, und wird sagen, wenn es ihm zu viel ist. Diesen Moment gab es nie, dass er meinte, es sei ihm zu viel.
Trotzdem hatte ich das Gefühl ich würde ihn zu sehr einnehmen, wenn es mir schlecht ging. Ich achtete daher besonders drauf, dass ich auch weiterhin meine Therapeutin besuchte, um ihn und unsere Beziehung zu entlasten. Das war wichtig. Außerdem wusste ich auch, dass die traurigen und die fröhlichen Phasen weitgehend ausgeglichen waren. Ich war schließlich nicht nur und ständig am weinen, sondern auch viel am Lachen und motiviert. Die traurigen Momente erscheinen in unserem Kopf nur immer viel präsenter zu sein. Und wenn es IHM mal schlecht ging (was selten war), weils auf der Arbeit zb. nicht so lief, war ich immer da und hörte genauso zu. Auch hier herrschte also eine Balance.
Hat die Trauer eure Beziehung beeinflusst?
Ja absolut, aber aus meiner Sicht nur positiv. Benni: Wir wissen ja nicht wie es anders gewesen wäre, oder? Wie du gewesen wärst?
Meine Trauer hat uns von Anfang an auf eine sehr emotionale, tiefgründige Ebene katapultiert. Dadurch war nicht möglich sich nur von seiner schönsten Seite zu präsentieren, wie man es oft anfänglich in Beziehungen kennt: Man vertuscht ein bisschen seine Macken und Schwächen. Durch die Trauer hat er das volle Paket von Beginn an bekommen, es akzeptiert, respektiert und ausgehalten. Das rechne ich ihm enorm an. Auch er war dadurch offen und ehrlich, direkt und klar in seiner Persönlichkeit.
Durch meine Trauer bin ich auch ein Mensch geworden, der sehr lebendig ist, also im Moment lebt und das Leben komplett auskostet. Benni sagt immer: „Du hast mir gezeigt zu leben.“ Er war weniger impulsiv, nachdenklich, ruhig, vorsichtig, sparsam, als ich ihn kennenlernte und wegen mir und meiner Trauer wurde auch er lebendiger und offener, spontaner und aktiver. Hingegen schenkt(e) er mir eine gewisse Ruhe, die ich besonders in stark emotionalen Momenten schätze.
Benni kannte Larissa nicht. Wie fühlt es sich für ihn an, mittendrin und doch außen vor zu sein? Was war/ist von „außen“ leichter oder auch schwerer?
Benni: Seltsam. Manchmal habe ich das Gefühl, dass ich sie kennen würde, weil Katy so ausführlich von ihr erzählt. Dann aber gibt es wieder Momente, wo ich absolut keine Vorstellung habe, wie Larissa wohl wäre oder ihre gemeinsame Beziehung aussehen würde.
Dass ich selbst emotional nicht betroffen bin, hat es bestimmt oft leichter gemacht, für Katy vor allem. Aber gleichzeitig habe ich mich schwer getan diese Sensibilität dann aufzubringen. Zumindest war das mein Empfinden. Nach Katy zu urteilen, scheint, als hätte ich mich angemessen und sensibel genug verhalten. 😉
Ergänzung: Wenn beide den verstorbenen Menschen kannten, dann ist es nochmal eine besondere Herausforderung, weil beide in gewisser Weise darüber trauern. Hier ist noch wichtiger, jedem seine Trauerzeit zu geben, nicht darüber zu urteilen und offen, ehrlich miteinander zu kommunizieren.
In meinem Buch kommt auch Benni vor. Dazu eine Frage an ihn: Wie findest du die Idee, Inhalt des neuen Buches zu sein?
Benni: Im ersten Moment habe ich gedacht: Hä? Aber ich war zu der Zeit nicht mit dabei? Als ich es dann gelesen habe, verstand ich es. Es fühlte sich irgendwie komisch an den eigenen Namen darin zu lesen, aber mehr auch nicht. Nicht schlecht auf jeden Fall.
Was gilt es also zu beachten, wenn einer der Partner trauert?
Partner(in) | Trauernde(r) |
zuhören und nachfragen, was er/sie braucht in Trauermomenten | offen und ehrlich sein/sagen, was du jetzt brauchst |
Die Trauer bleibt, auch nach Jahren noch – sie wird integriert | Deine Trauer darf Teil deines Lebens bleiben |
Gefühle nicht beurteilen | Gefühle beschreiben und erklären |
sagen, wenn du überfordert mit einer Situation bist (Ich Sprache) | sich auch von außen Hilfe holen, wenn es die Beziehung belastet |
Besondere Tage berücksichtigen (Geburtstage, Todestage…) | Struktur in diese Tage bringen, sie vorher ansprechen und (Notfall)pläne machen |
Bedenke: Viele Trauernde brauchen viel Zeit alleine | Erkläre, warum Zeit alleine so wichtig ist in der Trauer |
Es ist normal, wenn Partner immer gleiche Erinnerungen erzählen | Du darfst über deine Verstorbenen sprechen und Erinnerungen teilen |
Es ist normal, dass sich dein Partner verändert – Hobbies etc. | Ja du bist nun anders, denn ein Teil von dir ist nicht mehr da |
Schlusstipp von Benni:
Nichts unüberlegt sagen oder tun – jedes „falsche“ Wort ist 10 Mal so schwer für den trauernden Menschen. Lieber sagen: „Ich weiß grad nicht, was ich tun oder sagen soll.“ Aber auch nicht dauernd übervorsichtig umgehen, sondern die trauernde Person als ganzwertige, mündige Person betrachten. Hier eine Balance zu finden, ist wohl am Schwersten.
Um diesen Weg gehen zu können bedarf es beiderlei Seiten, eine Dynamik, eine gute Kommunikation. Wenn einer der beiden nicht bereit ist, sich zu öffnen oder die Kraft ganz einfach nicht dafür hat, mit der Beziehung zu arbeiten, dann darf auch an eine Trennung gedacht werden. Was vielleicht schmerzvoll ist, aber eine einseitige, kraft-kostende Beziehung zwanghaft aufrecht zu erhalten, kann auch kein Weg sein.
Auf jeden Fall kann es manchmal auch notwendig oder gut sein, um nach Hilfe zu fragen. Egal, ob über Therapien oder Coachings oder auch über SeelenSport®, in dem ich über Bewegung zwei Menschen nach einem Verlust wieder näher zusammenführe. Ihr könnt das Training hier gleich miteinander starten!
Was hat euch in der Beziehung geholfen? Schreibe es in die Kommentare!
Eine Antwort
Zuerst möchte ich mein Beileid ausdrücken, einen Geliebten Menschen so zu verlieren ist nicht schön. Diese Schicksalsschläge stellen auch Partnerschaften auf die Belastungsprobe. Ich hab es auch als schwierig empfunden, mich in die Trauer des anderen einzufühlen. Was immerhin geht, ist mit weltlichen Sachen zu helfen, wie beispielsweise die Bestattung mit zu planen.